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Die Türkei hat einen der turbulentesten Tage ihrer jüngsten Geschichte erlebt: Teile des Militärs haben versucht, die gewählte Regierung zu stürzen. In der Folge dieser Schandtat sind fast 300 Menschen gestorben, hunderte Zivilisten verletzt worden, ganz zu schweigen von den Folgen für die Gesell-schaft und Wirtschaft des Landes. Wir verurteilten diesen Putschversuch aufs Schärfste, ohne Wenn und Aber. Wir sind froh, dass hunderttausende Menschen heldenhaft ihre Souveränität verteidigt haben.

Was sich jedoch seitdem abspielt, ist besorgniserregend. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat den Putsch als ein willkommenes Geschenk Gottes bezeichnet, welcher Anlass gebe „Dreck zu säubern“. Uns so wurden keine 24 Stunden nach dem Putschversuch fast 3000 Richter und Staatsanwälte ohne einen Prozess abgesetzt und teilweise verhaftet. Das Bildungsministerium hat allein über 15.000 Mitarbeiter vom Dienst suspendiert. Die Hochschulverwaltung rief die Rektoren aller Universitäten auf, ihren Rücktritt einzureichen. Die Zahl der Suspendierten aus dem öffentlichen Dienst und das durch die Zwangsverwaltung gekündigte Personal dürfte nach aktuellem Stand die 100.000 Betroffenen überschritten haben.

Betroffen sind alle, die nicht mit dem Staatspräsident Erdogan auf einer Linie sind. In der offiziellen Begründung wird ihnen vorgeworfen, Anhänger des muslimischen Predigers Fethullah Gülen, der sämtliche Beteiligung am Putschversuch vehement zurückweist, zu sein. In einem unglaublichen Ausmaß wird insbesondere gegen Menschen gehetzt, die mit Gülen sympathisieren. Es herrscht eine Atmosphäre der Selbstjustiz.

Erschreckenderweise hat die Selbstjustiz auch Deutschland erreicht. Die Spannungen zwischen Erdogan-Anhängern und Erdogan-Gegnern jeder Couleur nehmen drastisch zu. Angetrieben von den Äußerungen türkischer Politiker werden Gülen-nahe Einrichtungen in Deutschland attackiert. Unternehmerverbände, ihre Mitglieder, die mit Gülen sympathisieren oder die offizielle Darstellung der Ereignisse hinterfragen, Privatschulen sowie weitere zivilgesellschaftliche, überwiegend gemeinnützige Vereinigungen als juristische Personen und ihre Mitglieder werden denunziert, erhalten Mord-drohungen, werden angegriffen und stehen offenen Boykottaufrufen entgegen. Es gibt Aufrufe, sie zu bespitzeln und den türkischen Behörden über die eigens dafür eingerichteten Hotlines zu melden. Einige DITIB-Moscheen verkünden, dass Gülen-Sympathisanten keinen Zutritt in die Gebetsstätten hätten.

Jeden Tag kursieren in den sozialen Netzwerken  neue, strafrechtlich relevante Aufrufe und Denunziationen sowie Drohungen dieser Art. Bei vielen Betroffenen weckt diese Situation Assoziation mit dem Dritten Reich u.a. nach der Art „Kauft nicht bei Juden ein!“. Bereits jetzt beklagen viele der betroffenen Unternehmer Umsatzeinbußen und machen sich Sorgen über die Sicherheit ihrer Familienangehörigen. Durch Verunglimpfungen werden sie in der Gesellschaft diskreditiert und durch Volksverhetzung quasi zum „Freiwild“ erklärt.

In unserem Verein sind von fast 200 Schülern nur noch 80 geblieben, Personal und spendende Mit-glieder haben gekündigt

Wenn auch das Vertrauen bei den meisten dieser Menschen in den Rechtsstaat nach wie vor ungebrochen ist, ergreift sie dennoch langsam ein Gefühl des „Alleingelassen-Seins“ In diesem Sinne erhoffen wir uns den Schutz und Beistand des Rechtsbeistands gegenüber allen Personen und Organisationen, die obige illegale, menschen- und gesetzesverachtende, strafrechtlich zu verfolgende Handlungen tätigen und erachten es als enorm wichtig, dass Signale aus der Politik kommen und unmissverständlich darauf hingewiesen wird, das rechtswidriges Verhalten nicht geduldet werden kann.

Gerne möchten wir uns zeitnah mit Ihnen über Handlungsmöglichkeiten austauschen, wie wir zumindest eine weitere Eskalation der Lage in Deutschland verhindern können.

Mit freundlichen Grüßen